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UX, Usability und Webstandards

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Das World Wide Web

Hinweis: Diese »Einführung in XHTML, CSS und Webdesign« ent­spricht der zwei­ten Auf­lage des gleich­na­mi­gen Buches, das im Dezem­ber 2008 im Ver­lag Addison-Wesley erschie­nen ist. Die Inhalte sind mittlerweile veraltet, fast alles hat sich weiterentwickelt. Seit einigen Jahren gibt es HTML5, von XHTML redet niemand mehr, und auch die Entwicklung und Unterstützung von CSS ist um Einiges weiter. Auch fast alle Grundlagentexte müsste man schon lange fortschreiben. Falls Sie die Texte dennoch lesen möchten, behalten Sie das bitte im Hinterkopf.

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Tim Berners-Lee, derzeit Inhaber des 3Com Founders-Lehrstuhls am Laboratory for Computer Science des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und im Juli 2004 für seine Verdienste bei der globalen Entwicklung des Internets von der englischen Königin zum Ritter geschlagen (also Sir Tim Berners-Lee), kam »zufällig zur rechten Zeit und mit den passenden Interessen und Neigungen, nachdem der Hypertext und das Internet ihre Volljährigkeit erreicht hatten« [Berners-Lee 1999]. Er verband die Ideen generic coding, Hypertext und Internet miteinander und schuf das heute so populäre World Wide Web.

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Gewirr, Verknüpfungen und Netze

Verfolgt man den Weg, der schließlich in das World Wide Web mündete, zurück an seinen Anfang, gelangt man in das Jahr 1980 zu einem Hypertextprojekt namens Enquire, das der damals am CERN-Institut angestellte Informatiker Tim Berners-Lee in seiner freien Zeit programmierte.

Das CERN ist eine europäische Organisation für Kernforschung in der Nähe von Genf in der Schweiz, dessen Gelände sich über die Grenze bis nach Frankreich erstreckt. Berners-Lee setzte Enquire (auf Deutsch so viel wie »nachfragen«, »sich erkundigen«) ein, um aufzuzeichnen, welcher der zahlreichen fest oder vorübergehend Angestellten welches Programm geschrieben hatte, welche Programme auf welchen Rechnern ausgeführt wurden und wer an welchem Projekt mitarbeitete. In Enquire konnte er Seiten mit Informationen über Personen, Geräte oder Programme erstellen. Jede Information entsprach einem Knoten, der eine zugehörige Liste mit Links zu anderen Knoten enthielt. Um eine neue Seite anzulegen, musste eine Verknüpfung ausgehend von einer anderen Seite erstellt werden; diese Verknüpfungen wurden bidirektional dargestellt, das heißt, wenn ein Link von A nach B gesetzt war, tauchte A in der Linkliste von B als Rückverweis auf. Das ursprüngliche Enquire existierte jedoch nur auf einer 8-Zoll-Diskette und ging irgendwann verloren.

1988 griff Berners-Lee die Ideen, die in Enquire steckten, wieder auf und begann mit der Arbeit an einem neuen Hypertext-Dokumentationssystem. Es sollte dezentralisiert sein und so weit wie möglich auf Einschränkungen verzichten, um von möglichst vielen Nutzern auf möglichst vielen Systemen verwendet werden zu können. Am CERN gab es Dutzende von Systemen, die parallel verwendet wurden und über keinerlei Schnittstellen verfügten. Systemübergreifender Datenaustausch war somit so gut wie unmöglich. Ein weiteres System einzuführen, wäre zum Scheitern verurteilt gewesen, ebenso der Versuch, auf einem der Systeme aufzubauen und alle anderen fallen zu lassen (und somit all jene vor den Kopf zu stoßen, die sich an eines der fallen gelassenen Systeme gewöhnt hatten). Berners-Lees Ziel war es, eine gemeinsame Basis für die Kommunikation zu schaffen, während jedes System seine Eigenheiten behalten kann. Globaler Hypertext und Internettechnologien sollten dies ermöglichen.

»WWW«

Lassen wir Tim Berners-Lee selbst berichten, wie es zu der Namensgebung für das Projekt kam:

»Ich suchte nach Begriffen, die seine neue Art von Struktur verdeutlichen würden. Mesh (Geflecht) oder Information Mesh war eine Idee, aber es klang zu sehr nach Mess (Durcheinander). Ich dachte an Mine of Information (Fundgrube an Informationen), kurz MOI, aber moi bedeutet auf Französisch ich, und das war zu egozentrisch. Eine Alternative war The Information Mine (Die Informationsfundgrube), aber das Akronym TIM war ja noch egozentrischer! Außerdem war die Metapher einer Fundgrube auch nicht ganz korrekt, weil sie nicht den globalen Aspekt des Konzepts beinhaltete, ebenso wenig die Idee des Hypertexts – und sie repräsentierte nur den Erhalt von Informationen, nicht deren Bereitstellung. [...] Dann tauchte ein anderer Name auf, ebenfalls eine einfache Möglichkeit, globalen Hypertext zu repräsentieren. Dieser Name wurde in der Mathematik benutzt, um eine Sammlung von Knoten und Verknüpfungen zu bezeichnen, in der jeder Knoten mit anderen verknüpft werden kann. Der Name spiegelte den Grundzug verteilter Anwendungen und Computer wider, die das System verknüpfen konnte. Er drückte die Hoffnung auf ein möglicherweise globales System aus, und er legte auch einige interessante Symbole nahe. [...] Ich würde mein System World Wide Web nennen.« [Berners-Lee 1999]

Anfänge

1990 begann Berners-Lee trotz einiger Widerstände am CERN damit, den Code für das WWW zu schreiben. Er startete mit der Programmierung eines Webclients, der die Erstellung, Betrachtung und Bearbeitung von Hypertextdokumenten sowie später den Zugriff auf Newsgroups erlauben würde. Anschließend schrieb er den Code für das Hypertext Transfer Protocol (HTTP), über das Computer über das Internet kommunizieren würden, sowie den Universal Resource Identifier (URI, später Uniform Resource Identifier), das Schema, nach dem Dokumentadressen erstellt und aufgefunden werden können (siehe Kapitel 2.5 »Technische Fundamente des World Wide Webs«). Im Dezember 1990 arbeitete er an seiner Hypertext Markup Language (HTML), die beschreibt, wie Seiten mit Hypertextverknüpfungen ausgezeichnet werden (siehe Kapitel 2.6.1). Darüber hinaus programmierte er einen eigenen kleinen Webserver.

Die erste Website

Auf dem Server info.cern.ch (heute nur noch als Kopie erreichbar) wurde Weihnachten 1990 die erste globale Hypertextwebsite mit den Spezifikationen von HTTP, URI und HTML sowie allen projektbezogenen Informationen veröffentlicht und von Berners-Lee konsequent weiter mit Inhalten versorgt. Interessierte konnten auf dieser Website erfahren, was das World Wide Web sein sollte, woher man einen Webbrowser und somit Zugriff auf das World Wide Web bekommt und wie man einen eigenen Webserver aufsetzt, um selbst Inhalte zu veröffentlichen.

Das World Wide Web war eröffnet!

In den folgenden Monaten (und Jahren) war Berners-Lee unermüdlich damit beschäftigt, das Web zunächst am CERN und schließlich weltweit bekannt zu machen und zu etablieren – anfangs ziemlich auf sich allein gestellt, später mit immer größer werdender Unterstützung aus der wachsenden Gemeinde der Webnutzer. Immer mehr Server wurden an das Web angeschlossen, die Berners-Lee konsequent auf info.cern.ch verlinkte, aber der ganz große Boom ließ zunächst auf sich warten, da das Web nicht so einfach jedem zugänglich war, weil entsprechende Benutzerprogramme fehlten. Die Browser waren anfänglich rein textorientiert; erst 1992 entstanden die ersten Browser für grafische Benutzeroberflächen – dazu jedoch später mehr.

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Das World Wide Web Consortium


Abb. 2.2: Logo des World Wide Web Consortiums

Je größer das World Wide Web wurde, desto wichtiger wurde es, eine Institution zu schaffen, die sich um die technischen Grundlagen und Standards im Web kümmern und die Entwicklung begleiten und vorantreiben sollte. Das CERN, wie erwähnt eine Kernforschungsorganisation, konnte diese Aufgabe nicht leisten. Daher gründete Tim Berners-Lee zusammen mit Al Vezza, damals stellvertretender Direktor des LCS (Laboratory für Computer Science) am MIT (Laboratory for Computer Science des Massachusetts Institute of Technology), im Oktober 1994 das World Wide Web Consortium.

Das World Wide Web Consortium (W3C) ist ein internationales Konsortium, in dem Mitgliedsorganisationen, ein fest angestelltes Team und die Öffentlichkeit gemeinsam daran arbeiten, Webstandards zu entwickeln. Ziel des W3C ist es, dem World Wide Web dadurch seine vollen Möglichkeiten zu erschließen, dass Protokolle und Richtlinien entwickelt werden, die ein langfristiges Wachstum des Webs sichern (siehe [Birkenbihl 2005] und [Fischer, Lischke 2003]).

Das W3C-Kernteam besteht heute aus mehr als 60 Forschern und Ingenieuren überall auf der Welt, die die technischen Aktivitäten leiten und die Arbeitsabläufe koordinieren. Der Großteil des Teams arbeitet an den drei Niederlassungen des W3C: am MIT in den Vereinigten Staaten, am ERCIM in Frankreich und an der Keio-Universität in Japan.

Überall auf der Welt und aus vielen verschiedenen Arbeitsgebieten treten Organisationen dem W3C bei, um an einem herstellerneutralen Forum zur Schaffung von Webstandards mitzuwirken. Zurzeit (Mitte 2008) gibt es weltweit über 400 Mitglieder aus Industrie und Forschung, insbesondere Hard- und Softwareunternehmen, Telekommunikationsanbieter sowie Regierungsstellen und Universitäten. Eine vollständige Liste aller Mitglieder finden Sie stets aktuell auf der Seite http://www.w3.org/Consortium/Member/List.

Die Arbeiten des W3C werden von einer Kombination aus Mitgliedsbeiträgen, Forschungsmitteln und anderen Quellen öffentlicher und privater Finanzierung getragen. Daneben unterhält es eine Reihe von Büros rund um die Welt. Diese arbeiten mit ihren lokalen Web-Communities daran, W3C-Technologien in den Landessprachen zu verbreiten, die geografische Basis des W3C zu erweitern und internationale Beteiligung an den Aktivitäten zu fördern. Das deutsch-österreichische Büro sitzt in Sankt Augustin.

Recommendation Process

Um sicherzustellen, dass die verabschiedeten Empfehlungen einen möglichst breiten Konsens finden, durchläuft jede Empfehlung ein bestimmtes Verfahren, den sogenannten Recommendation Process. Stationen dieses Verfahrens sind unter anderem:

  • Working Draft (Arbeitsentwurf),
  • Candidate Recommendation (eine Phase, in der die Ergebnisse von Implementationen verarbeitet werden sollen),
  • Proposed Recommendation und schließlich
  • Recommendation.

An jeder dieser Phasen sind sowohl die Mitglieder als auch die interessierte Öffentlichkeit beteiligt, Letztere hauptsächlich über die Teilnahme an den zahlreichen Mailinglisten.

Arbeitsbereiche und Aktivitäten

Die Arbeit des W3C unterteilt sich in fünf Bereiche:

  • Architecture Domain (DOM, Jigsaw, XML, URI)
  • Document Formats Domain (HTML, Stylesheets, Math, Grafik, Internationalisierung)
  • Interaction Domain (Geräteunabhängigkeit, synchronisierte Multimedia-Anwendungen, Voice Browser)
  • Technology and Society Domain (digitale Signaturen, Metadaten, elektronisches Geld, Datenschutz und Datensicherheit)
  • Web Accessibility Initiative (Zugänglichkeit, Barrierefreiheit)

Jeder dieser Bereiche ist in Aktivitäten (Activities) unterteilt, die wiederum aus Arbeitsgruppen (Working Groups, beispielsweise die CSS-Arbeitsgruppe) und Interessengruppen (Interest Groups) bestehen, die sich aus Teilnehmern der Mitgliedsorganisationen, dem W3C-Team und den vom W3C eingeladenen Experten zusammensetzen. Arbeitsgruppen befassen sich mit der eigentlichen Entwicklung und Ausarbeitung der technischen Empfehlungen, während die Interessengruppen eher allgemeinere Arbeiten übernehmen. Die Gruppen sichern auch die Koordination mit anderen Standardisierungsgremien und technischen Vereinigungen.